Schätzungen zufolge ist in Deutschland fast jeder zweite Arbeitsvertrag bei Neuanstellung befristet. Dies steht in Widerspruch zur Konzeption des Arbeitsrechts, das von unbefristeten Arbeitsverhältnissen ausgeht und deren Befristung nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen zulässt. Für Arbeitnehmer mit einem befristeten Arbeitsvertrag stellt sich deshalb die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis wirksam befristet ist oder ob ein Anspruch auf unbefristete Beschäftigung besteht und wie sich dieser Anspruch durchsetzen lässt.
table of contents
- Formen der Befristung
- Sachgrundlose Befristung
- Sachgründe zur Befristung von Arbeitsverhältnissen
- Schriftform der Befristung
- Kettenarbeitsverträge: Arbeitsgericht prüft nur Befristungsgrund des aktuellen Arbeitsvertrags
- Ist befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig kündbar?
- Was passiert bei unzulässiger Befristung des Arbeitsvertrags?
- Befristungskontrollklage: 3‑Wochen‐Frist beachten
- Stillschweigende Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ende des befristeten Arbeitsvertrags
Formen der Befristung
Arbeitsverhältnisse können auf zweierlei Weise befristet werden: Zum einen kann eine zeitliche Befristung in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden, so dass der Vertrag zum festgelegten Zeitpunkt endet.
Zum anderen kann der Arbeitsvertrag eine Zweckbefristung vorsehen, wonach das Arbeitsverhältnis nicht zu einem bestimmten kalendermäßigen Zeitpunkt, sondern mit Eintritt eines bestimmten Zwecks oder Ereignisses endet, wobei der Zeitpunkt dieses Ereignisses zu Vertragsschluss ungewiss ist. Einen solchen Befristungszweck kann beispielsweise die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines auf unbestimmte Zeit erkrankten Mitarbeiters darstellen, so dass der Arbeitsvertrag enden soll, wenn der erkrankte Arbeitnehmer wieder gesund ist und zur Arbeit erscheint. Gemäß § 15 Absatz 2 TzBfG (Teilzeit‐ und Befristungsgesetz) endet ein solches zweckbefristetes Arbeitsverhältnis frühestens „zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung“.
Sachgrundlose Befristung
Befristung von Arbeitsverträgen auf 2 Jahre ist ohne Sachgrund zulässig
Unter welchen Voraussetzungen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zulässig ist, regelt das Teilzeit‐ und Befristungsgesetz. Gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung von Arbeitsverträgen bis zur Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig. 2‑Jahres‐Arbeitsverträge können also ohne Einschränkung abgeschlossen werden. Der sachgrundlos befristete 2‑Jahres‐Arbeitsvertrag ist sicherlich auch der häufigste Fall des befristeten Arbeitsvertrags, da Arbeitgeber in vielen Branchen bei Neueinstellungen grundsätzlich nur noch solche 2‑Jahres‐Verträge anbieten.
Allerdings ist ein ohne sachlichen Grund befristeter Arbeitsvertrag nur bis zu dieser Höchstdauer von zwei Jahren zulässig. Durch Tarifvertrag kann eine abweichende Höchstdauer vereinbart werden. Bei mehreren befristeten Arbeitsverträgen mit kürzerer Laufzeit ist die Gesamtdauer der Vertragsverhältnisse ausschlaggebend. Wird das Arbeitsverhältnis nach der Gesamtdauer von zwei Jahren fortgesetzt, so wird es automatisch zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis – unabhängig davon, was im Arbeitsvertrag steht.
Sachgrundlose Befristung nur bei Neueinstellungen möglich
Diese sachgrundlose Befristungsmöglichkeit gilt gemäß Absatz 2 Satz 2 TzBfG nur für Neueinstellungen und nicht „wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat“. Dieses gesetzliche Vorbeschäftigungsverbot gilt nach der Rechtsprechung nur dann nicht, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis schon sehr lange zurückliegt, von nur sehr kurzer Dauer war oder es sich um ein ganz anders geartetes Arbeitsverhältnis handelte – etwa, wenn die Vorbeschäftigung 20 Jahre zurücklag (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 452/17).
Sachgrundlose Befristungen bei Neugründung oder bei Einstellung älterer Arbeitnehmer
Es gibt einige wenige gesetzliche Ausnahmen, die die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrags über zwei Jahre hinaus zulassen.
Gemäß § 14 Absatz 2 a TzBfG können Arbeitsverträge in neuen Unternehmen bis zu vier Jahre nach Unternehmensgründung auf bis zu vier Jahre befristet werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich lediglich um die rechtliche Neustrukturierung eines Unternehmens oder Konzerns handelt.
Eine weitere Ausnahme gilt gemäß § 14 Absatz 3 TzBfG zur Förderung älterer Arbeitnehmer. So ist es möglich, Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern, die bei Einstellung mindestens 52 Jahre alt sind und unmittelbar vor Vertragsbeginn mindestens vier Monate arbeitslos waren, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben, auf bis zu fünf Jahre zu befristen.
Sachgründe zur Befristung von Arbeitsverhältnissen
Über die Gesamtdauer von zwei Jahren hinaus ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur zulässig, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. § 14 Absatz 1 TzBfG nennt einige Beispiele für zulässige Befristungsgründe. Danach liegt ein ausreichender Sachgrund „insbesondere“ vor, wenn
- der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
- die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
- der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers eingestellt ist,
- die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
- die Befristung zur Erprobung erfolgt,
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
- der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend beschäftigt wird
- die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
Weitere Befristungsgründe
Diese Beispiele sind nicht abschließend, sondern stellen typische Gründe dar, die die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Weitere, nicht genannte Sachgründe kommen allerdings nur in Betracht, wenn sie den Wertungsmaßstäben, die sich in den acht Beispielsfällen zeigen, entsprechen und von gleichem Gewicht sind. Ein anerkannter sonstiger Grund ist der befristete Arbeitsvertrag zur Weiterbildung des Arbeitnehmers, sofern innerhalb des Arbeitsverhältnisses besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten erlernt werden sollen, welche über die Möglichkeiten eines normalen Arbeitsplatz hinausgehen.
Auch die zeitlich begrenzte Drittmittelfinanzierung der in Frage stehenden Arbeitsstelle kann einen zulässigen sonstigen Befristungsgrund darstellen.
Einen weiteren gesetzlichen Befristungsgrund nennt § 2 WissZeitVG (Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft) für den Hochschulbereich. Danach sind u.a. Befristungen bis zu sechs Jahren zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung bzw. Befristungen von Beschäftigten, deren Personalkosten überwiegend aus Drittmitteln finanziert wird, zulässig.
Schriftform der Befristung
Die Befristung des Arbeitsvertrags muss in Schriftform erfolgen. Genauer gesagt muss sie auf Papier schriftlich fixiert und von Arbeitgeber und Arbeitnehmer eigenhändig unterschrieben sein. Alternativ kann die Befristung notariell beurkundet werden. Arbeitsverträge, deren Befristungsklausel dieses Formerfordernis nicht erfüllt, sind hinsichtlich der Befristung unwirksam – mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.
Der Befristungsgrund muss in dem Arbeitsvertrag hingegen nicht zitiert werden. Auch wenn im Arbeitsvertrag ein Sachgrund genannt wird, so kann der Arbeitgeber in einem späteren Rechtsstreit, um die Wirksamkeit der Befristung, diese auch auf einen anderen Sachgrund stützen, der nicht im Arbeitsvertrag genannt wurde. Etwas anderes gilt dann, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Vertragsschluss einig waren, dass ein bestimmter Sachgrund alleiniger Befristungsgrund des Arbeitsvertrags sein sollte. Die Nennung eines bestimmten Sachgrundes ist für sich genommen noch keine solche (konkludente) Vereinbarung, kann sie aber indizieren.
Kettenarbeitsverträge: Arbeitsgericht prüft nur Befristungsgrund des aktuellen Arbeitsvertrags
Sofern ein Sachgrund gemäß § 14 TzBfG vorliegt, können auch mehrere zeitlich befristete Arbeitsverträge hintereinander abgeschlossen werden. Das Arbeitsrecht sieht keine allgemeine zeitliche Obergrenze für die Befristung von Arbeitsverträgen vor – solange nur ein gesetzlicher Sachgrund für die Befristung gegeben ist. Es können also grundsätzlich immer wieder jeweils zeitlich befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden, sobald ein Arbeitsvertrag ausläuft (Kettenarbeitsverträge).
Dabei ist zu beachten, dass das Arbeitsgericht lediglich den letzten, aktuellen Arbeitsvertrag auf das Vorliegen einer wirksamen Befristung prüft. Arbeitnehmer mit einem befristeten Arbeitsvertrag sollten vor Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags deshalb stets sorgfältig prüfen, ob der bislang bestehende Vertrag auch wirklich wirksam befristet ist. Ist dies nicht der Fall, so liegt ein unbefristeter Arbeitsvertrag vor. Bei Auslaufen des Vertrags kann der Arbeitnehmer Befristungskontrollklage erheben, um die Unwirksamkeit der Befristung festzustellen. Vereinbaren die Vertragsparteien hingegen einen neuen – befristeten – Arbeitsvertrag, so ersetzt dieser den alten Arbeitsvertrag. Der neue Arbeitsvertrag kann auch eine neue, wirksame Befristung zur Geltung bringen.
Rechtsmissbrauch bei Kettenbefristungen
Eine Grenze finden Kettenbefristungen aber in dem Institut des Rechtsmissbrauchs. Dieses kommt bei ausufernden Kettenbefristungen in Betracht. Laut Bundesarbeitsgericht indiziert die gravierende, alternative oder kumulative Überschreitung der 2‑Jahres‐Grenze der sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 TzBfG die missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung. Bei der Prüfung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Umstände des Einzelfalls umfassend zu prüfen. Die Indizierung des Missbrauchs durch Überschreiten der 2‑Jahres‐Grenze kann vom Arbeitgeber widerlegt werden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.20114, Az. 7 AZR 260/12).
Ist befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig kündbar?
Befristete Arbeitsverträge sind während der Vertragslaufzeit nicht ordentlich kündbar. Anders als auf unbestimmte Zeit geschlossene Arbeitsverträge, die den Kündigungsfristen des § 622 BGB unterliegen (wobei die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber wiederum durch das Kündigungsschutzgesetz eingeschränkt ist), sind befristete Arbeitsverträge nicht ohne Kündigungsgrund vorzeitig kündbar. Vielmehr bedarf es für die vorzeitige Kündigung eines außerordentlichen Kündigungsgrundes.
Gemäß § 626 BGB ist die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich, wenn „Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“. Beispiele für solche außerordentlichen Kündigungsgründe sind die beharrliche Arbeitsverweigerung durch den Arbeitnehmer, Straftaten zulasten des Vertragspartners oder Arbeitszeitbetrug. (Mehr zur fristlosen Kündigung können Sie hier lesen.)
Was passiert bei unzulässiger Befristung des Arbeitsvertrags?
Gemäß § 16 TzBfG führt die unwirksame Befristung eines Arbeitsvertrags dazu, dass dieser als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies gilt sowohl für Unwirksamkeitsgründe, die auf Formmängeln beruhen (Schriftform der Befristungsvereinbarung) als auch für inhaltlich unwirksame Befristungsgründe.
Arbeitnehmer, die mit dem Ziel der unbefristeten Beschäftigung die Unwirksamkeit einer Befristung geltend machen wollen, müssen bei Zeitablauf der Befristung unbedingt aktiv werden. Gemäß § 17 TzBfG müssen Arbeitnehmer, die geltend machen wollen, „dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist,“ innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der ungültigen Befristung nicht beendet ist.
Befristungskontrollklage: 3‑Wochen‐Frist beachten
Diese 3‑Wochen‐Frist für die sogenannte Befristungskontrollklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht darf man unter keinen Umständen verpassen. Andernfalls endet das Arbeitsverhältnis mit der im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung – auch wenn diese eigentlich unwirksam war.
Maßgeblich für die 3‑Wochen‐Frist ist das vereinbarte Ende des befristeten Arbeitsvertrags bzw. bei zweckbefristeten Arbeitsverträgen das Erreichen des Zwecks und die schriftliche Unterrichtung durch den Arbeitgeber über die Zweckerreichung.
Stillschweigende Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ende des befristeten Arbeitsvertrags
Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es gemäß § 15 Absatz 5 TzBfG „als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt“. Sobald der Arbeitgeber also Kenntnis davon erlangt, dass der Arbeitnehmer nach Ende des befristeten Arbeitsvertrags weiterarbeitet, muss er der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses widersprechen. Ansonsten kann sich der Arbeitnehmer auf das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses berufen.
Begründen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf diese Weise stillschweigend ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und kündigt der Arbeitgeber dieses zu einem späteren Zeitpunkt, so kann der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage, mit dem Antrag festzustellen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, erheben. Der klagende Arbeitnehmer muss dann darlegen und beweisen, dass das Arbeitsverhältnis mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wurde. Der Arbeitgeber ist hingegen für die Tatsache darlegungs‐ und beweispflichtig, dass er gemäß § 15 Absatz 5 TzBfG unverzüglich Widerspruch gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eingelegt hat.