Bevor Sie eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben, um sich gegen die Kündigung Ihres Arbeitsvertrags zu wehren, wollen Sie sicher wissen, wie lange ein solches Verfahren dauern kann. Für lange Rechtsstreitigkeiten fehlt, wenn es um Ihre berufliche Existenz geht, schlicht die Zeit.
So viel vorweg: Bei der Kündigungsschutzklage ist die Angst vor einer ausufernd langen Verfahrensdauer unbegründet. Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht werden ganz im Gegenteil in vielen Fällen in einer geradezu sensationellen Geschwindigkeit bearbeitet.
Der Beschleunigungsgrundsatz im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrechtsprozess gilt nämlich der Beschleunigungsgrundsatz, mit dem das gerichtliche Verfahren u.a. in Kündigungsschutzsachen möglichst kurz gehalten werden soll. Der Gesetzgeber trägt durch entsprechende Verfahrensbestimmungen, mit denen eine möglichst schnelle Erledigung des Klageverfahrens ermöglicht werden soll, dem Umstand Rechnung, dass gekündigte Arbeitnehmer in der Zeit, in der darüber entschieden wird, ob die ausgesprochene Kündigung nun wirksam ist oder nicht, im luftleeren Raum schweben.
Es muss so schnell wie möglich Klarheit geschaffen werden, ob sie in den Betrieb, der sie gekündigt hat, zurückkehren, oder ob sie sich beruflich neu orientieren müssen.
Hinzu kommt der finanzielle Druck auf den Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber kein Gehalt mehr auszahlt. Bei der ordentlichen Kündigung soll der Kündigungsschutzprozess deshalb idealerweise noch vor Ablauf der Kündigungsfrist erreicht werden. So soll der gekündigte Arbeitnehmer bis zur fristgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der spätestens zu diesem Zeitpunkt ausbleibenden Gehaltszahlung Klarheit haben, ob das Arbeitsverhältnis wirklich beendet ist oder nicht.
Kündigungsschutzklage muss spätestens drei Wochen nach Zustellung der Kündigung erhoben werden
Dass es im Kündigungsschutzprozess besonders schnell gehen soll, zeigt sich bereits an der gesetzlichen Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Wenn Sie sich gegen eine Kündigung wehren wollen, müssen Sie innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigungserklärung eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Sie können sich dabei selbstverständlich von einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen und diesen mit der Einreichung der Kündigungsschutzklage beauftragen. Da kein Anwaltszwang vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz besteht, können Sie sich aber theoretisch (auch wenn wir davon abraten) selbst vertreten und die Kündigungsschutzklage selbst einreichen. Gehen Sie dazu zur Rechtsantragsstelle des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts. (Mehr zur dreiwöchigen Frist bei einer Kündigungsschutzklage können Sie hier lesen.)
Erster Gerichtstermin bereits zwei Wochen nach Klageerhebung
Nachdem nun innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung die Kündigungsschutzklage eingereicht werden muss, bestimmt § 61 a Absatz 2 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz), dass innerhalb von zwei Wochen nach der Klageerhebung eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht stattfinden soll.
Viele Verfahren werden bereits im frühen Gütetermin beendet
Anders als in vielen anderen gerichtlichen Streitigkeiten lässt das Gericht also nicht zunächst Kläger und Beklagten in einer Art Ping‐Pong‐Spiel gegenseitig die eigene Position vortragen und jeweils auf den Gegenvortrag antworten. Vielmehr setzt das Gericht bereits allein in Kenntnis der Kündigungsschutzklage einen Gütetermin fest.
In dem Gütetermin, der vor dem vorsitzenden Richter der zuständigen Kammer des Arbeitsgerichts stattfindet, wirkt dieser sodann auf einen freiwilligen Vergleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hin. Diese können also bereits in diesem frühen Stadium das Klageverfahren durch einen Vergleich beenden.
Die Einigung kann darin bestehen, dass das Arbeitsverhältnis wirksam für beendet erklärt wird, im Gegenzug aber eine Abfindung gezahlt wird. (Deren Höhe richtet sich danach, wie lange der Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt war und wie hoch sein Gehalt war.) Auch die Nachzahlung eventuell ausstehender Gehälter sowie die Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses durch den Arbeitgeber kann in einem Vergleich in diesem frühen Gütetermin vereinbart werden.
Keine Einigung im Gütetermin: Dann Kammertermin nach drei bis sechs Monaten
Kommt es in dem frühen Gütetermin zu keiner Einigung, wird das gerichtliche Kündigungsschutzverfahren fortgesetzt. Das Gericht setzt den Parteien Fristen zur Einreichung von Schriftsätzen. In den meisten Fällen hat der Arbeitgeber aufgrund des kurzen zeitlichen Ablaufs bis zum Gütetermin noch nicht auf die Kündigungsschutzklage schriftlich erwidern können. Der Arbeitgeber hat seine rechtliche Position also noch gar nicht vorgetragen. Er hat sich noch nicht zu den Kündigungsgründen geäußert und diese noch nicht unter Beweis gestellt.
Das Gericht setzt ihm für eine umfassende Klageerwiderung eine Frist. Der Arbeitnehmer erhält zugleich eine Frist, innerhalb derer er auf diese Klageerwiderung seinerseits unter entsprechenden Beweisangeboten zu erwidern hat (Klagereplik).
Innerhalb der vom Gericht bestimmten Fristen müssen beide Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ihre rechtliche Position darlegen. Sie müssen alle Tatsachen, die ihre Position bestärken, darlegen und, sofern sie die Beweislast tragen, entsprechend unter Beweis stellen. Diese Fristen sollten unter keinen Umständen versäumt werden, da verspäteter Vortrag unter Umständen vom Gericht zurückgewiesen werden kann.
In der Regel drei bis sechs Monate nach dem Gütetermin findet daraufhin der Kammertermin statt. Im Kammertermin ist die zuständige Kammer des Arbeitsgerichts voll vertreten. Die Kammer besteht aus dem vorsitzenden Richter, der bereits den Gütetermin geleitet hat, und zwei ehrenamtlichen Richtern. Einer dieser ehrenamtilichen Richter kommt aus der Sphäre der Arbeitgeber und einer kommt von der Arbeitnehmerseite.
Güteverhandlung und rechtliche Erörterung der Kündigungsschutzklage im Kammertermin
In diesem Kammergericht wird die Kündigungsschutzklage umfassend aus rechtlicher Sicht erörtert. Das Gericht kann eine erste rechtliche Einschätzung dazu, ob es die angegriffene Kündigung für wirksam hält bzw. an welchen Punkten es Schwierigkeiten mit der Kündigungsschutzklage sieht, abgeben.
Auch in diesem Kammertermin fragt das Gericht die Parteien noch einmal, ob sie sich einigen möchten. Im Gegensatz zum frühen ersten Termin können die Parteien und das Gericht nunmehr abschätzen, welche Erfolgaussichten die Kündigungsschutzklage hat. Denn beide Parteien haben ihre Position vorgetragen. Es ist nun ersichtlich, was möglicherweise bewiesen kann und an welcher Stelle sich die Parteien möglicherweise in einer schwachen prozessualen Position befinden. Dies gilt umso mehr, je deutlicher das Gericht in der rechtlichen Erörterung im Termin erkennen lässt, in welche Richtung es tendiert.
Keine Einigung im Kammertermin: Gericht beendet Verfahren durch Prozessurteil
Kommt es zu keiner Einigung, beendet das Gericht das Verfahren am Ende der Verhandlung durch Urteil, sofern das Verfahren nicht anderweitig fortgeführt wird. Letzteres könnte beispielsweise erforderlich sein, wenn noch Zeugen zu hören sind. Oder dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber muss noch einmal die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben werden. (Dies kann erforderlich sein, wenn die Gegenseite kurz vor dem Termin einen neuen Aspekt vorgetragen hat, auf den noch nicht erwidert werden konnte).
Die Berufung im Kündigungsschutzverfahren
Kommt es zu einem Urteil, so kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung vor dem örtlich zuständigen Landesarbeitsgericht eingelegt werden. Innerhalb eines weiteren Monats muss die Berufung begründet werden. Vor dem Landesarbeitsgericht herrscht Anwaltszwang, so dass ein Anwalt mit der Vertretung beauftragt werden muss.
Gegen einen vor Gericht geschlossenen Vergleich (im Güte‐ oder Kammertermin) kann hingegen in der Regel kein Rechtsmittel eingelegt werden.
Fazit
Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht können in vielen Fällen sehr schnell beendet werden. Wird die Klage bereits im frühen Gütetermin durch einen Vergleich erledigt, so beträgt die Verfahrensdauer bei reibungslosem Ablauf vor Gericht nur bis zu 5 Wochen nach Erhalt der Kündigung. Drei Wochen nach Erhalt der Kündigung muss die Kündigungsschutzklage vor Gericht erhoben werden. Daraufhin soll binnen zwei Wochen der Gütetermin stattfinden. In der Gerichtspraxis findet der Gütetermin manchmal allerdings nicht ganz so schnell statt. Er kann bis zu sechs Wochen nach Erhebung der Kündigungsschutzklage auf sich warten lassen.
Kommt es zu keiner Einigung im Gütetermin, so wird ein Kammertermin festgesetzt. Der findet in der Regel nach drei bis sechs Monaten statt. Im Kammertermin haben die Parteien erneut Gelegenheit, sich gütlich zu einigen. Ansonsten wird das Verfahren durch Prozessurteil beendet, welches wiederum in zweiter Instanz im Wege der Berufung angefochten werden kann.
Kündigungsschutzklagen bewegen sich demnach in einem recht überschaubaren Zeitrahmen. Die Angst vor unübersehbar langen Verfahren ist im Arbeitsrecht unbegründet.