Eine Frau hat nach dem Entgeltgleichheitsgebot Anspruch darauf, das gleiche Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu erhalten, wie ihre Kollegen anderen Geschlechts. Wird die Arbeitnehmerin dagegen schlechter bezahlt, liegt die Vermutung nahe, dass eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes vorliegen könnte. Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass dies nicht der Fall war. In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Einwand, der männliche Kollege habe besser verhandelt und deswegen ein höheres Gehalt bekommen, nicht ausreiche um eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes zu entkräften (BAG, Urteil vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21 –).
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Was ist eine Benachteiligung?
Eine Benachteiligung kann sowohl durch benachteiligendes Handeln erfolgen, als auch in pflichtwidrigem Unterlassen bestehen. Dieses muss zu einer Ungleichbehandlung führen, also Vorschriften, Vereinbarungen, Kriterien oder Verfahren müssen unterschiedliche Wirkungen entfalten.
Die Grundsätze der benachteiligungsfreien Entlohnung gelten für alle Geschlechter. Auch Personen, die sich nicht eindeutig mit einem eindeutig festgestellten biologischen Geschlecht identifizieren, sind erfasst.
Eine Benachteiligung kann auch mittelbar oder indirekt erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn Vorschriften, dem Wortlaut nach neutral verfasst sind, Kriterien oder Verfahren aber regelmäßig einen bestimmten Personenkreis faktisch in besonderer Weise benachteiligen.
Eine Benachteiligung liegt allerdings nicht vor, wenn dem Verfahren ein rechtmäßiges Ziel zugrunde liegt und das Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Das bedeutet, es muss abgewogen werden, ob der Zweck, den der Arbeitgeber mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgt, dem Recht auf Gleichberechtigung überwiegen sollte. Insbesondere arbeitsmarktbezogene, leistungsbezogene und arbeitsbezogene Kriterien könnten ein unterschiedliches Entgelt rechtfertigen.
Die Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes muss zumindest zum Teil Motiv für das Handeln des Arbeitgebers sein. Dabei muss der Arbeitgeber gar nicht absichtlich benachteiligen. Es reicht aus, wenn er das Vorliegen eines solchen Grundes nur annimmt. Eine Anknüpfung seiner Motivation an das Geschlecht der Arbeitnehmerin muss in Betracht kommen.
Gleiche und gleichwertige Arbeit
Von gleicher Arbeit geht man aus, wenn an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz identische oder gleichartige Tätigkeiten ausgeübt werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1.EntgTranspG). Dazu schaut man, welche Tätigkeiten genau ausgeübt werden und stellt einen Gesamtvergleich auf. Soweit mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden, ist die überwiegende Tätigkeit maßgeblich. Ein nur teilweiser, vorübergehender Einsatz reicht nicht zur Annahme gleicher Arbeit aus. Als Faustregel kann von gleicher Tätigkeit gesprochen werden, wenn sich die Beschäftigten bei Bedarf ersetzen könnten. Unterschiedliche Berufsqualifikationen können gleicher Arbeit entgegenstehen.
Gleichwertige Arbeit liegt dann vor, wenn unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren davon ausgegangen werden kann, dass sich Beschäftigte verschiedenen Geschlechts, die eine Arbeit ausüben, in vergleichbarer Situation befinden (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG). Dies ist dann der Fall, wenn die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten nach objektiven Maßstäben der Arbeitsbewertung denselben Arbeitswert haben. Es ist auf den Gegenstand der Arbeitsleistung abzustellen und ein Gesamtvergleich vorzunehmen. Dafür ist z.B. erheblich, welche Vorkenntnisse, Qualifikationen und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind, sowie die Art der Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die zu tragende Verantwortung. Qualität und Quantität sind für die Gleichwertigkeit der Tätigkeit nicht relevant.
Kausalzusammenhang Ungleichbehandlung und Benachteiligung
Das reine Vorliegen eines Benachteiligungsgrundes in der Person genügt allein noch nicht. Entscheidend ist, dass die Ungleichbehandlung ursächlich darauf beruht, dass die Benachteiligung an das Geschlecht anknüpft oder dadurch motiviert ist.
Wer muss was beweisen?
Wenn sich eine Person benachteiligt fühlt, muss sie Tatsachen vorbringen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Sie muss auch belegen, dass der Benachteiligungsgrund für die Schlechterbehandlung kausal war. Dabei genügen Indizien, also z.B. der Umstand, dass einer Arbeitnehmerin bei gleicher verrichteter Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt gezahlt wird als einem männlichen Kollegen. Es reicht aus, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vermuten lässt.
Dann springt die Beweislast nach § 22 AGG (allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) auf den Arbeitgeber über. Dieser muss dann die Vermutung der Benachteiligung widerlegen und beweisen, dass kein Verstoß vorgelegen hat. Dazu reicht es z.B. nicht aus, wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft, der männliche Kollege habe sein höheres Entgelt schlicht besser ausgehandelt. Der Arbeitgeber müsste vielmehr Umstände vortragen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht waren, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben.
Woher weiß ich, wie vergleichbare Beschäftigte bezahlt werden?
Wenn der Betrieb mehr als 200 Beschäftigte hat, dürfen die Beschäftigten vom Arbeitgeber in der Regel alle zwei Jahre verlangen, dass er ihnen Auskunft über das durchschnittliche Bruttoentgelt und bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen bei vergleichbaren Tätigkeiten im Betrieb erteilt. Der Arbeitgeber muss Angaben zu Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung machen.
Wann muss der Anspruch geltend gemacht werden?
Es bleibt allerdings nicht ewig Zeit, den Anspruch geltend zu machen. Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz räumt dazu in § 15 Abs. 4 eine Frist von zwei Monaten ein. Sie beginnt dann, wenn die betroffene Person Kenntnis von der Benachteiligung erlangt.
Die Folgen der Benachteiligung
Wird ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot festgestellt, muss der Arbeitgeber den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen (§§ 7, 15 AGG). Im Falle des Entgeltes müsste der Arbeitgeber also die rückständige Vergütung nachzahlen und, sofern das Arbeitsverhältnis fortbesteht, das gleiche, erhöhte Entgelt wie den Beschäftigten anderer Geschlechter bezahlen.
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