table of contents
- Wer ist „Leitender Angestellter“?
- Leitende Angestellte haben selbständige Personalverantwortung
- Gesetzlicher Kündigungsschutz gilt auch für leitende Angestellte
- Arbeitgeber muss auch leitenden Angestellten gegenüber Kündigungsgrund nachweisen
- Leitende Angestellte werden nicht vom Betriebsrat vertreten
- Kündigungsschutzklage erheben: Klagefrist beträgt 3 Wochen
- Arbeitgeber kann vor dem Arbeitsgericht Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit leitendem Angestellten stellen
- Alternative Aufhebungsvertrag: Leitenden Angestellten droht in der Regel keine Sperrzeit
- Geschäftsführer aufgepasst: Kein Kündigungsschutz für GmbH‐Geschäftsführer
Welche Rechte haben leitende Angestellte gegenüber ihrem Arbeitgeber? Können sie sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung ihres Arbeitsvertrags wehren, oder gilt der gesetzliche Kündigungsschutz nicht für leitende Angestellte? Diesen und weiteren Fragen zur Rechtsstellung leitender Angestellter widmen wir uns in diesem Artikel.
Grundsätzlich unterliegen auch Arbeitsverhältnisse mit leitenden Angestellten dem in Deutschland geltenden gesetzlichen Kündigungsschutz. Das heißt, dass in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmern nach Ablauf der Probezeit keine anlasslose Kündigung möglich ist. Vielmehr bedarf es eines gesetzlichen Kündigungsgrunds, den der Arbeitgeber nachweisen muss.
Dies gilt für leitende Angestellte genauso wie für jeden „normalen“ Arbeitnehmer. Jedoch gelten für leitende Angestellte einige entscheidende arbeitsrechtliche Besonderheiten, die bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu beachten sind.
Wer ist „Leitender Angestellter“?
Dazu bedarf es zunächst der Klärung der Terminologie: Wann ist ein Arbeitnehmer überhaupt ein „leitender Angestellter“ im Sinne des Arbeitsrechts? Denn nur weil im Arbeitsvertrag die Formulierung „Leitender Angestellter“ steht und der betreffende Arbeitnehmer sich diese einschließlich der damit (hoffentlich) einhergehenden finanziellen Vorzüge und Dienstwagen mit Stolz zu eigen gemacht hat, heißt dies nicht, dass es sich bei dem Arbeitsplatz auch um eine leitende Angestelltenposition im Sinne des Kündigungsschutzrechts handelt.
Leitende Angestellte haben selbständige Personalverantwortung
Gemäß § 14 Absatz 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) ist „leitender Angestellter“ nur, wer eine ähnliche Funktion wie ein Geschäftsführer oder Betriebsleiter ausübt und „zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt“ ist. Ohne diese eigenständige Personalverantwortung liegt keine leitende Angestelltenposition im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vor. Dann gelten von vornherein die exakt gleichen Regeln wie für jeden „normalen“ Arbeitnehmer. Es lohnt sich deshalb, zunächst kritisch zu prüfen, ob man überhaupt als soeben gekündigter vermeintlich „leitender Angestellter“ tatsächlich ein solcher ist. Auf viele Positionen, die betriebsintern mit dieser Bezeichnung geschmückt werden, trifft dies demnach nämlich rechtlich gar nicht zu (z.B. Abteilungsleiter in einem Versicherungskonzern oder einer Bank ohne eigene Personalverantwortung).
Stellt sich bei der Prüfung heraus, dass es sich tatsächlich um eine leitende Angestelltenposition im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes handelt, so bleibt festzuhalten, dass auch leitende Angestellte nicht einfach von heute auf morgen gekündigt werden können. Sofern kein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegt, ist keine fristlose Kündigung möglich.
Gesetzlicher Kündigungsschutz gilt auch für leitende Angestellte
Eine ordentliche Kündigung unterliegt weitgehend den gleichen Kündigungsvoraussetzungen wie die Kündigung anderer Arbeitnehmer. Sind in dem betreffenden Unternehmen in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, so gilt der Kündigungsschutz des § 1 KSchG. In kleineren Betrieben bis 10 Arbeitnehmern ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses – d.h. die Kündigung innerhalb der ordentlichen Kündigungsfristen – weitgehend ohne besonderen Kündigungsgrund möglich. Dies gilt dann auch für den leitenden Angestellten.
In Betrieben mit mehr als 10 angestellten Arbeitnehmern bedarf es für die rechtmäße ordentliche Kündigung des leitenden Angestellten eines Kündigungsgrunds. Die Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Dies ist gemäß § 1 Absatz 2 KSchG nicht der Fall, wenn sie „nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist“. Es muss sich also um eine gerechtfertigte personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung des leitenden Angestellten handeln.
Arbeitgeber muss auch leitenden Angestellten gegenüber Kündigungsgrund nachweisen
Für das Vorliegen des Kündigungsgrunds, auf den sich der Arbeitgeber beruft, trägt dieser die Darlegungs‐ und Beweislast. Grundsätzlich gelten die gleichen Regeln wie für alle Arbeitnehmer auch. Jedoch unterliegen insbesondere die personenbedingte und die verhaltensbedingte Kündigung leitender Angestellter gewissen Besonderheiten. Denn nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechungspraxis unterliegen die personen‐ und verhaltensbedingte Kündigung leitender Angestellter weniger strikten Voraussetzungen, als dies bei „normalen“ Arbeitnehmern der Fall ist.
Dies wird mit der besonderen Stellung leitender Angestellter und ihrem besonderen Nähe‐ und Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber begründet. Leitende Angestellte repräsentieren das Unternehmen, weshalb sie besonders strengen Verhaltenspflichten unterliegen. So können Handlungen leitender Angestellter im privaten Bereich unter Umständen eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn dadurch das Ansehen des Arbeitgebers geschädigt wird. Dies kann beispielsweise bei Verkehrsdelikten wie dem Autofahren unter Alkoholeinfluss oder einer allgemeinen Alkoholismusproblematik der Fall sein, auch wenn dies in keinem direkten Zusammenhang zur Arbeit steht. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass leitende Angestellte eine besondere Verantwortung für das Unternehmen tragen und der wirtschaftliche Bestand des Unternehmens in besonderer Weise von den Geschicken ihrer leitenden Angestellten abhängt.
Leitende Angestellte werden nicht vom Betriebsrat vertreten
Eine weitere kündigungsschutzrechtliche Besonderheit leitender Angestellter besteht in dem Umstand, dass diese nicht vom Betriebsrat vertreten werden. Anders als andere Arbeitnehmer haben leitende Angestellte nicht das Recht, gemäß § 3 KSchG Einspruch gegen eine Kündigung beim Betriebsrat einzulegen, wenn sie diese für sozial ungerechtfertigt halten.
Gemäß §§ 5 Absatz 3, 102 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) braucht der Arbeitgeber den Betriebsrat auch nicht im Vorfeld der Kündigung eines leitenden Angestellten anzuhören.
Kündigungsschutzklage erheben: Klagefrist beträgt 3 Wochen
Genauso wie „normale Arbeitnehmer“ haben auch leitende Angestellte die Möglichkeit, sich gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtlich zur Wehr zu setzen. Auch sie können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Diese Drei‐Wochen‐Frist darf nicht verpasst werden, da nach ihrem Ablauf in der Regel keine Möglichkeit mehr besteht, gegen die Kündigung vorzugehen. Auch inhaltlich eigentlich unwirksame Kündigungen werden nach diesem Fristablauf (bis auf wenige auch danach noch angreifbare Mängel) bestandskräftig.
Arbeitgeber kann vor dem Arbeitsgericht Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit leitendem Angestellten stellen
Der wichtigste kündigungsschutzrechtliche Unterschied leitender Angestellter gegenüber „normalen“ Angestellten zeigt sich bei der Ausgestaltung des Kündigungsschutzprozesses. Wer sich als leitender Angestellter gegen eine Kündigung zur Wehr setzen will, muss – genauso wie ein „normaler“ Angestellter – innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. In der Kündigungsschutzklage wird beantragt, die Unwirksamkeit der Kündigung (aus formellen oder inhaltlichen Gründen) festzustellen und den Arbeitgeber zu verpflichten, den Angestellten zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Bei leitenden Angestellten hat der Arbeitgeber jedoch innerhalb des Kündigungsschutzprozesses die Möglichkeit, gemäß §§ 9 Absatz 1, 14 Absatz 2 KSchG zu beantragen, dass das Gericht das Arbeitsverhältnis wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung auflöst und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das heißt, dass leitende Angestellte das (zumindest formal) eigentliche Klageziel, das Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage verfolgen – nämlich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – gegen den Willen des Arbeitgebers gar nicht erreichen können. Wenn der Arbeitgeber einen leitenden Angestellten entlassen will, so kann er dieses Ziel also tatsächlich jederzeit erreichen.
Abfindung im Falle der Auflösung
Allerdings muss er, wenn der leitende Angestellte Kündigungsschutzklage erhebt, dies im Fall eines unzureichenden Kündigungsgrunds mit einer Abfindung bezahlen. Leitende Angestellte müssen sich also bewusst sein, dass sie im Kündigungsschutzprozess um eine Abfindung kämpfen, und es in der Regel nicht um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geht. Denn dieses kann nur im beidseitigen Einvernehmen zwischen leitendem Angestellten und Arbeitgeber fortgesetzt werden. Aufgrund der für den Betrieb herausragenden Stellung des leitenden Angestellten kann der Arbeitgeber gesetzlich nicht dazu verpflichtet werden, gegen seinen Willen einen leitenden Angestellten in seinem Betrieb zu dulden und damit das Unternehmen auf Gedeih und Verderb den Geschicken des ungewollten leitenden Angestellten auszusetzen.
Alternative Aufhebungsvertrag: Leitenden Angestellten droht in der Regel keine Sperrzeit
Wie beschrieben können leitende Angestellte, im Gegensatz zu einfachen Arbeitnehmern, nach einer Kündigung die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses nicht im Wege der Kündigungsschutzklage gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen. Sie kämpfen vor dem Arbeitsgericht vielmehr um die Festsetzung einer Abfindung. Daher droht ihnen bei Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags mit dem Arbeitgeber regelmäßig keine Sperrzeit bei der Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich des Bezugs von Arbeitslosengeld I. Bei schweren Störungen des Arbeitsverhältnisses ist die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrags mit dem Arbeitgeber deshalb durchaus erwägenswert. Dies kann für beide Seiten die bessere Alternative der streitbehafteten Kündigung und dem Rechtsstreit um eine Abfindung vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage sein.
Geschäftsführer aufgepasst: Kein Kündigungsschutz für GmbH‐Geschäftsführer
Leitende Angestellte nehmen in dem Unternehmen, in dem sie arbeiten, gegenüber einfachen Arbeitnehmern eine herausragende Stellung ein. Dies sollte sich auf der einen Seite an ihrem entsprechend hohen Gehalt zeigen. Auf der anderen Seite führt ihre Sonderstellung kündigungsschutzrechtlich zu einer zumindest formalen Schlechterstellung. Denn das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber gegen dessen Willen nicht zur Weiterbeschäftigung des leitenden Angestellten verurteilen. In der Praxis dürfte dies übrigens kaum als tatsächliche Schlechterstellung empfunden werden. Denn Kündigungsschutzprozesse gehen auch für einfache Arbeitnehmer oftmals mit einer Abfindung im Gegenzug zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus.
Eine echte Sonderrolle nehmen demgegenüber GmbH‐Geschäftsführer ein. So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21.09.2017 (Az. 2 AZR 865/16) entschieden, dass GmbH‐Geschäftsführer keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießen. Dies gilt zumindest, soweit sie zum Zeitpunkt, in dem sie die Kündigungserklärung erhalten, noch die organschaftliche Stellung eines Geschäftsführers bekleiden. Geschäftsführer können sich demnach nicht im Wege der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht gegen eine Kündigung wehren. Sie können weder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch die Festsetzung einer Abfindungszahlung einklagen. Geschäftsführer sind demnach in besonderer Weise auf die vorteilhafte Verhandlung ihres Arbeitsvertrags angewiesen, in dem die Vereinbarung einer Abfindung für den Fall der Kündigung nicht fehlen sollte.
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