Die Verdachtskündigung ist eine Kündigungssonderform, die meist in Form einer fristlosen bzw. außerordentlichen Kündigung erfolgt. Es handelt sich um eine Unterform der personenbedingten Kündigung.
Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens, habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. (BAG, Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 474/07)
Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung:
Von einer Zerstörung des Vertrauens geht die Rechtsprechung insbesondere bei Diebstahl, sexueller Belästigung, Beleidigung und ähnlichem aus.
Anhörung des Arbeitnehmers
Vor dem Ausspruch der Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber den beschuldigten Arbeitnehmer auf jeden Fall anhören bzw. ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben und versuchen, den Vorfall aufzuklären. Ohne eine vorherige Anhörung ist die Kündigung unwirksam. Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, sich gegen die Beschuldigung verteidigen zu können.
Jedoch hat der Arbeitgeber seine Aufklärungspflicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer die Anhörung verweigert und er muss keine weitere Möglichkeit zur Verteidigung einräumen. Aber der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer mitteilen, warum er ihn anhören will.
Anhörung des Betriebsrats
Der Arbeitgeber ist vor der Aussprechung der Kündigung verpflichtet den Betriebsrat anzuhören, sofern einer vorhanden ist (§102 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG.). Wenn er dem nicht nachkommt, ist die Kündigung unwirksam.
Bei einem Verdacht auf ein Bagatelldelikt (z.B. geringfügiger Diebstahl) muss zuvor eine Abmahnung für ein ähnliches Vergehen ausgesprochen worden sein, ehe fristlos gekündigt werden kann. Ansonsten ist für gewöhnlich keine Abmahnung erforderlich.
Verhältnismäßigkeit
Die Kündigung muss verhältnismäßig sein, damit sie wirksam ist. Das bedeutet, dass das Vergehen im Verhältnis zur Beschäftigungsdauer des Angestellten entsprechend schwerwiegend sein muss, sodass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist.
Bekannte Beispiele hierfür sind der „Bienenstich‐Fall“ und der Fall „Emmely“.
„Bienenstich‐Fall“:
Der Sachverhalt war Folgender:
Die Klägerin wurde dabei beobachtet, wie sie ein Stück Bienenstichkuchen aus der Warenauslage des Betriebs, in dem sie angestellt war, nahm und es verzehrte. Daraufhin kündigte ihr die Beklagte fristlos. Dagegen ging die Angestellte mit einer Kündigungsschutzklage vor. Die Klage ging durch mehrere Instanzen und wurde letztendlich vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen, mit der Begründung, dass auch ein Bagatelldelikt eine fristlose Kündigung rechtfertige, da dadurch das Vertrauen zerstört werden könne.
Der Leitsatz des Urteils war Folgender:
„Fall Emmely“:
Ein weiterer Fall, der in die Rechtsgeschichte einging, ist der Fall „Emmely“.
In diesem Fall wurde eine Kassiererin aufgrund eines Verdachts fristlos entlassen. Ihr wurde vom Arbeitgeber vorgeworfen, sie habe 2 verloren gegangene Pfandbons im Wert von zusammen 1,30 € an sich genommen und eingelöst. Nach den ersten 2 Instanzen ging der Fall vor das Bundesarbeitsgericht, welches das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufhob und die Kündigung als unzulässig erklärte.
Das BAG wog die Interessen zugunsten der Klägerin ab, da das langjährige und beanstandungsfreie Arbeitsverhältnis und der geringe wirtschaftliche Schaden des Arbeitgebers mehr in die Verhältnisabwägung hätte einbezogen werden müssen. Das Gericht war der Ansicht, dass das Vertrauensverhältnis durch die einmalige und untypische Verfehlung der Klägerin nicht vollständig zerstört wurde.
Fazit: In erster Linie ist nicht die Höhe des eingetretenen Schadens entscheidend, sondern der aus der Tat selbst hervorgehende Vertrauensverlust des Arbeitgebers. Auch Bagatelldelikte können eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung nach sich ziehen, jedoch muss das Gericht individuell die Interessen beider Seiten abwägen.
Fristen
Für den Arbeitgeber gilt die Zweiwochenfrist (§ 626 ABS. 2 BGB). Das bedeutet, dass er 2 Wochen Zeit hat, um die Kündigung auszusprechen, nachdem er Kenntnis von dem Kündigungsgrund erlangt hat.
Ab dem Datum der Zustellung der Kündigung läuft für den Arbeitnehmer eine Frist von 3 Wochen. So lange hat er Zeit, um Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung zu erheben. Nach Ablauf der Drei‐Wochen‐Frist kann gegen die Kündigung nicht mehr vorgegangen werden.
Eine Kündigung muss man nicht kampflos hinnehmen!
Gegen eine Kündigung kann man sich in vielen Fällen wehren!
Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss aber innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Eine Fristverlängerung ist nur in ganz seltenen Fällen möglich.
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